Ein hoher Preis für eine vage Perspektive

18. Juni 2007

Die zukünftige Struktur des UN-Menschenrechtsrates wird sichtbar

Eine recht einseitig auf den Schutz des Staates abgestimmte Struktur wird die zukünftige Arbeit des UN-Menschenrechtsrates bestimmen, sollten das Konzeptpapier des Ratspräsidenten Luis Alfonso de Alba sowie der Verhaltenskodex für die Sonderverfahren die Zustimmung der Ratsmitglieder finden. „Es ist schon verblüffend, mit welchem Eifer Regelungen zur Aufrechterhaltung der Integrität der Regierungen entworfen wurden. Demgegenüber unterliegen ausgerechnet diejenigen einem Generalverdacht der will­kürlichen Interpretation oder gar Manipulation von Tatsachen, die sich um die Opfer von Menschen­rechtsverletzungen kümmern oder ihnen eine Stimme geben“ zog das Forum Menschenrechte ein erstes Fazit.

Während die Ausführungen zur jährlichen Überprüfung der Staaten (Universal Periodic Review) bis ins kleinste Detail festlegen, wer außer der Regierung wann was zur Lage der Menschenrechte in einem Land sagen und beitragen darf, haben die Regierungen freie Hand und können bei Bedarf den Grad der Ent­wicklung und die kulturellen Besonderheiten des Landes geltend machen, um einer sachorientierten Be­wertung zu entgehen. In die gleiche Richtung zielt der Verhaltenskodex für die Mandatsträger der Son­derverfahren (Special Procedures), u.a. keine ‚politisch motivierten‘ Anschuldigungen gegen eine Regie­rung vorzutragen oder während der Durchführung einer Ländervisite strikt die nationale Gesetzgebung zu beachten. Es gehört nicht viel Phantasie dazu sich vorzustellen, dass unliebsame Kritik an der Regie­rungsführung in Sachen Menschenrechte möglichst unterbunden werden soll. Umgekehrt bleiben Pflich­ten des Staates zur Zusammenarbeit mit den Sonderverfahren allgemein, Fristen für die Regierung zur Bearbeitung von Anfragen der Sonderverfahren etwa sucht man vergebens.

Scheint dieser Ansatz schon ein sehr hoher Preis für die zukünftige Arbeitsstruktur des Menschenrechts­rates, muss zur Aufrechterhaltung der Ländermandate der Standard noch weiter heruntergefahren werden. Das Konzeptpapier des Ratspräsidenten hat Weißrussland und Kuba aus der Überprüfung durch die Son­derverfahren herausgenommen. Dies ist der Preis für die grundsätzliche Beibehaltung der Länderevaluie­rung, insbesondere für die Menschenrechtsverteidiger in den beiden Ländern jedoch ein herber Rück­schlag. Käme außerdem der Vorschlag der chinesischen Regierung durch, zukünftig Ländermandate nur noch mit einer 2/3-Mehrheit einzurichten, würde der Menschenrechtsrat jegliche Bedeutung bei der Um­setzung, dem Schutz und der Förderung der Menschenrechte verlieren. Es wäre spätestens hier der Punkt gekommen, an dem zumindest die Staaten der westlichen Gruppe die Reißleine ziehen und den Konsens aufkündigen sollten.

Kontakt in Genf: Dr. Theodor Rathgeber +41-(0)79-4711224.

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