Deutsche EU-Ratspräsidentschaft: Keine europäische Asylrechtsreform auf Kosten der Menschenrechte.

26. Juni 2020

Nicht nur die Eskalation auf den griechischen Inseln zeigt: Grenzlösungen sind gescheitert. Es braucht einen auf Menschenrechten und Flüchtlingsschutz basierenden Neustart.

Schon im November 2019 haben mehr als 30 Organisationen auss 11 Ländern – darunter viele flüchtlings- und migrationspolitisch aktive Mitgliedsorganisationen des FORUM MENSCHENRECHTE – im Vorfeld der deutschen EU-Ratspräsidentschafteinen Berliner Aktionsplan für eine neue europäische Asylpolitik vorgelegt

Mit einer gemeinsamen Erklärung haben außerdem 22 Organisationen am 12. März 2020 zu den Vorschlägen der Bundesregierung vom Februar zu einer Reform des Europäischen Asylsystems Stellung bezogen.
Die Organisationen kritisieren darindas im Februar bekannt gewordene Konzeptpapier der Bundesregierung zu einer Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und die darin geplante Vorprüfung von Asylanträgen an der Außengrenze.

Das FORUM MENSCHENRECHTE unterstützt die Forderungen nach einem Neustart in der europäischen Flüchtlingspolitik, der auf einem Konsens über gemeinsame Ziele, faire Verantwortungsteilung und Grundwerte wie Flüchtlingsschutz, Achtung der Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit beruht.

Wir erleben gegenwärtig zudem, dass Kinder und ihre Familien in besonderem Maße an den europäischen Grenzen menschenunwürdigen Bedingungen ausgesetzt sind.
Die Bundesregierung erkennt selbst an, dass die besonderen Belange und Rechte von Familien mit Kindern und vulnerablen Personen – wie unbegleiteten Kindern – bei der Neuausrichtung des GEAS stets zu berücksichtigen sind. In diesem Sinne unterstützt das FORUM MENSCHENRECHTE auch die kinderrechtlichen Forderugen für eine Neuausrichtung der Gemeinsamen Europäischen Asylpolitik, die die mehr als 40 unterzeichnenden Organisationen in einem Offenen Brief an die Bundesregierung formulieren:

Sie fordern, dass sich die Bundesregierung dafür
einsetzt, die von der europäischen Kommission erarbeitete Mitteilung zum Schutz minderjähriger Migranten als Grundlage für Schutzmaßnahmen von Kindern in einem reformierten europäischen Asylsystem zu nutzen und explizit darauf Bezug zu nehmen. Die unterzeichnenden Organisationen setzen sich insbesondere ein für:

  1. Kindeswohl vorrangig beachten: In einer emeinsamen europäischen Asylpolitik müssen die Verfahren aller Kinder individuelle Kindeswohlprüfungen beinhalten. Gegenwärtig ist das weder in der Praxis noch im Vorschlag zur Neuausrichtung der Fall.
  2. Keine Haft und freiheitsbeschränkenden Maßnahmen
  3. Beschleunigte Familienzusammenführungen innerhalb der EU: . Die geplante Neuausrichtung der europäischen Asylpolitik sieht bislang keine Maßnahmen vor, die Familienzusammenführung, wie in der UN-Kinderrechtskonvention vorgeschrieben, “wohlwollend, human und beschleunigt” zu behandeln. Hier muss dringend nachgebessert werden.
  4. Erhöhung des Resettlementkontingents in die EU: Die Bundesregierung sollte sich dafür einsetzen, dass das europäische Resettlementkontingent, insbesondere aus der Türkei, erhöht wird und sich endlich auf eine Verordnung zur Schaffung eines Neuansiedlungsrahmens der Union (sogenanntes EU Resettlement Framework) einigen.
  5. Unverzügliche Verteilung von unbegleiteten Kindern: Unbegleitete Kinder müssen regelmäßig gleich nach der Ankunft und Identifizierung unter Ermittlung desfür ihr Kindeswohl besten Mitgliedstaates verteilt werden.
  6. Schulungen für Grenzbeamt_innen in Kinderschutz: Grenzbeamt_innen und Asylbeamt_innen an den Außengrenzen müssen erkennen können, wenn Anzeichen für Menschenhandel und andere Kinderrechtsverletzungen vorliegen. Ein Verweissystem an die entsprechenden Stellen für das weitere Verfahren muss allen Beamt_innen bekannt und der Einbezug von Kinderschutzexpert_innen sichergestellt werden.
  7. Einführung eines unabhängiger Monitoringmechanismus: Rechtsstaatlichkeit und die Einhaltung von Menschenrechten müssen gewährleistet werden – egal wie Grenzschutz und darauffolgende Verfahren zur Verteilung ausgestaltet sind. Um Rechtsverletzungen durch Staaten und einzelne Akteure aufdecken und ahnden zu können, muss ein niedrigschwelliger unabhängiger Monitoringmechanismus eingeführt werden.

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